
Der Bericht des Bundesrates vom 15. Oktober über die Pflege durch Angehörige, die von Spitex-Organisationen angestellt werden, beleuchtet eine neue und scheinbar lukrative Praxis. Die Regierung sieht keinen Handlungsbedarf. Die IGAB erinnert jedoch anlässlich des nationalen Tags der betreuenden Angehörigen am 30. Oktober daran, dass die Schweiz eine nationale Strategie für die Angehörigenbetreuung braucht, um unter anderem ein einheitliches Rahmenwerk für dieses neue Versorgungsmodell zu schaffen.
Am 30. Oktober ist der nationale Tag der betreuenden Angehörigen. Dies ist für die IGAB der richtige Zeitpunkt, daran zu erinnern, dass die Mehrheit von ihnen berufstätig ist und dass die Rolle des Arbeitgebers sehr wichtig ist. Im Juni dieses Jahres hat der Bundesrat die Kosten-Nutzen-Analyse der von den Unternehmen für ihre betroffenen Mitarbeitenden getroffenen Massnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Betreuungspflichten positiv bewertet. Damit hat er dem Postulat der Ständerätin Marianne Maret, mit der die IGAB zusammengearbeitet hat, entsprochen. Anhand von Beispielen zeigt er auf, dass es für Unternehmen immer vorteilhafter ist, Massnahmen zu ergreifen, als einen oder eine Mitarbeitende zu entlassen.
Das neue Versorgungsmodell braucht einen Rahmen
Die IGAB befasst sich seit mehreren Jahren mit diesem neuen Versorgungsmodell. In ihrer jüngsten Stellungnahme vom Mai 2025 betont sie, dass die Anstellung von Angehörigen sowohl für die betreuten Personen als auch für ihre engagierten Angehörigen zahlreiche Vorteile mit sich bringt, vorausgesetzt, es werden Schutzmassnahmen vorgesehen, um die Qualität der Pflege zu gewährleisten und die Rechte und die Gesundheit der engagierten pflegenden Angehörigen zu schützen. Für den Bundesrat fällt die Frage der Qualität in den Zuständigkeitsbereich der Spitex-Organisationen und der Kantone, die für die Überwachung ihrer Aktivitäten verantwortlich sind. Aus diesem Grund ist eine grössere Transparenz bei der Rechnungsstellung und den statistischen Erhebungen erforderlich, was auch von der IGAB gefordert wird.
Für Valérie Borioli Sandoz, Direktorin der IGAB, « hat der Bericht des Bundesrats den Vorteil, dass er Licht in diese boomende Praxis bringt, auch wenn er weder vollständig noch repräsentativ ist ». Der finanzielle Druck auf die Krankenkassen, der dem Parlament Sorge bereitet, kann laut Bundesrat von den Kantonen reguliert werden. So hat beispielsweise der Kanton Zürich seinen Anteil an den Restkosten reduziert, wenn die eingestellten Personen keine Berufsausbildung im Pflegebereich haben. Borioli Sandoz meint dazu: « Dies wird de facto den Gewinn der Spitex-Unternehmen einschränken, von denen einige diese Tätigkeit zu ihrer einzigen Einnahmequelle gemacht haben. Dank mehr Transparenz müssen alle besser nachweisen, dass ihre Gewinne in die Betreuung, Ausbildung und Begleitung der betroffenen Personen investiert werden.»
Eine nationale Strategie der Angehörigenbetreuung ist nötig
Trotz der guten Willensbekundungen der Unternehmen ist die IGAB der Meinung, dass die Schweiz eine nationale Strategie für die Angehörigenbetreuung entwickeln muss, gemeinsam mit den betroffenen Akteuren, und die Finanzierung der Entlastungsangebote, die für möglichst viele zugänglich sein sollen, vereinheitlichen muss. Adrian Wüthrich, Präsident der IGAB, erklärt: « Angesichts der raschen Entwicklung des neuen Vorsorgungsmodells, bei dem Angehörigen gegen Bezahlung als Pflegende tätig werden, muss ein nationales Regelwerk die Praxis regeln.». Der Bericht des Bundesrates vom 15. Oktober 2025 geht nicht auf diese zentrale Forderung der IGAB ein. Er akzeptiert lediglich, dass eine einheitliche Definition der betreuenden Angehörigen notwendig ist, jedoch nur zu statistischen Zwecken. Wüthrich: « Das ist sehr bedauerlich, denn so werden die unterschiedlichen Sichtweisen und Praktiken in den Kantonen weiterhin bestehen. Das ist ein Nachteil für die Gleichbehandlung.».
Anlässlich des Nationalen Tages der pflegenden Angehörigen am 30. Oktober
Adrian Wüthrich, Präsident der IGAB, wird anlässlich des Events vom 30. Oktober in Bern, das von Entlastungsdienst Schweiz, Mitglied der IGAB, organisiert wird, die Position des Dachverbandes zum Modell der bezahlten Anstellung von Angehörigen als Pflegende darlegen. Die IGAB-Geschäftsleiterin Valérie Borioli Sandoz wird am 5. November anlässlich des Jahreskongresses der Schweizerischen Vereinigung für Sozialpolitik an der Berner Fachhochschule die Bedürfnisse der Angehörigen als Pflegende in diesem Modell hervorheben.