Die Diskussionen rund um die Abschaffung des Eigenmietwerts haben eine lange Geschichte. Nun hat sich das Parlament für eine neue Vorlage ausgesprochen, die allerdings deutlich mehr Nachteile als Vorteile mit sich bringt. Renovationen am eigenen Haus würden deutlich weniger attraktiv, während Schwarzarbeit und Lohndumping im Handwerk gefördert würden. Zudem entstünden Steuerausfälle in der Höhe von fast 2 Milliarden Franken, die über höhere Steuern oder durch Leistungskürzungen ausgeglichen werden müssten. In Zeiten eines erhöhten Finanzbedarfs bei Armee, Altersvorsorge und Gesundheit würde dies zu neuen Ungerechtigkeiten führen. Travail.Suisse hat deshalb die Nein-Parole beschlossen.
Wer ein Haus besitzt, erzielt daraus einen Ertrag. Dieser muss, wie andere Erträge aus Vermögen auch, versteuert werden. Nun will eine Parlamentsmehrheit diese Besteuerung des sogenannten Eigenmietwerts abschaffen. In Zukunft müssten Hausbesitzer:innen ihren Ertrag aus dem Hausbesitz somit nicht mehr versteuern. Gleichzeitig dürften sie aber auch die Kosten, welche für Hypothekarzinsen, Renovationen am Haus oder energetische Sanierungen anfallen, nicht mehr von den Steuern abziehen. Diese Umstellung des Steuersystems hätte weitreichende Folgen. Für Travail.Suisse sind insbesondere folgende drei Punkte ausschlaggebend für seine Ablehnung der Vorlage:
In Zukunft drohen Schwarzarbeit und Lohndruck bei Hausrenovationen
Aktuell haben Hausbesitzer:innen ein grosses Interesse daran, alle Arbeiten an ihrem Haus, seien es Renovationen oder energetische Sanierungen, korrekt mit den Handwerksbetrieben abzurechnen. Nur so können sie diese auch von den Steuern abziehen. Mit der vorliegenden Vorlage zur Abschaffung des Eigenmietwerts sollen diese Abzüge wegfallen. Damit dürfte auch das Interesse für eine korrekte Abrechnung der Arbeiten am Haus deutlich geringer werden und Schwarzarbeit deutlich attraktiver werden. Travail.Suisse erwartet, dass mit der Abschaffung des Eigenmietwerts nicht nur die Nachfrage nach Handwerksarbeiten zurückgeht, sondern diese auch vermehrt schwarz durchgeführt werden. Eine Zunahme des unlauteren Wettbewerbs, des Lohndrucks und von schlechteren Arbeitsbedingungen in Handwerksberufen wäre die logische Folge.
Steuerausfälle in Milliardenhöhe führen zu höheren anderen Steuern oder Leistungskürzungen
Die Höhe der Steuerausfälle als Folge der Abschaffung des Eigenmietwerts hängt vom Zinsniveau ab. Sind die Zinsen hoch, können Hausbesitzer:innen hohe Abzüge vornehmen. Entsprechend steht weniger für öffentliche Leistungen zur Verfügung. Sind die Zinsen hingegen tief, können nur geringe Steuerabzüge gemacht werden und die Steuereinnahmen sind höher. Beim aktuellen Referenzzinssatz würden die Steuerausfälle bei Bund, Kantonen und Gemeinden 1.8 Milliarden Franken pro Jahr betragen. Bund und Kantone müssten somit, um nicht neue Schulden zu machen, entweder 1.8 Milliarden Franken einsparen oder zusätzliche Steuern erheben. Bei einem Rückgang des Referenzzinssatzes auf 1% würden die Steuerausfälle auf allen drei Staatsebenen sogar 2.5 Milliarden CHF betragen. In Zeiten von erhöhtem Finanzbedarf bei AHV, Armee oder für die Verbilligung von Krankenkassenprämien wäre die Abschaffung des Eigenmietwerts eine besonders schlechte Idee und würde letztlich neue Ungerechtigkeiten schaffen. Einer kleinen Minderheit von Gewinner:innen – die Wohneigentumsquote beträgt in der Schweiz gerade einmal 36% – stünde eine grosse Mehrheit von Verlierer:innen gegenüber.
Steuerreduktion mehrheitlich für die Falschen
Die Steuerersparnis durch die Abschaffung des Eigenmietwerts würde mehrheitlich bei Personen anfallen, die eher hohe Einkommen erzielen. Während 60% der einkommenstarken Haushalte Wohneigentum besitzen, sind es bei den einkommensschwachen Haushalten weniger als 30 Prozent. Die tieferen Steuern würden somit zu einem guten Teil jenen Haushalten zugutekommen, die einkommensmässig bereits gut dastehen.[1] Eine Ausnahme bilden Rentnerinnen und Rentner, die zwar ein Haus besitzen, aber keine hohe Rente erzielen. Sie werden durch das heutige System teilweise zu stark belastet. Dies betrifft schätzungsweise 2 bis 3 Prozent der Rentnerhaushalte, bei welchen durch die Versteuerung des Eigenmietwerts finanzielle Engpässe entstehen. Hier braucht es vom Gesetzgeber Ausnahmeregelungen. Eine komplette Abschaffung des Eigenmietwerts lässt sich damit nicht rechtfertigen.