Travail.Suisse anerkennt die Anliegen hinter den beiden heute abgelehnten Volksinitiativen, hält deren konkrete Ausgestaltung jedoch für ungeeignet und potenziell schädlich. Der Dachverband fordert tragfähige Lösungen für die gesellschaftlichen Herausforderungen, welche die beiden Initiativen adressieren.
Travail.Suisse erachtet verschiedene Ziele der Service-citoyen-Initiative als unterstützenswert – etwa die Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements junger Menschen, die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts oder den Erhalt der Einsatzfähigkeit von Armee und Zivilschutz. Dennoch ist der Dachverband überzeugt, dass die heute abgelehnte Initiative dafür nicht der richtige Weg ist.
Aus gewerkschaftlicher Sicht lehnt Travail.Suisse insbesondere den Einsatz von Dienstpflichtigen in Bereichen mit ausgeprägtem Fachkräftemangel wie Gesundheit, Bildung oder Sozialwesen klar ab. Ein solcher Pflichtdienst würde den dringend notwendigen Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in diesen Branchen zuwiderlaufen und Lohndumping begünstigen. Auch aus einer gleichstellungspolitischen Perspektive lehnt Travail.Suisse die Initiative ab. Valérie Borioli Sandoz, Leiterin Gleichstellungspolitik, hält fest: «Solange Frauen weiterhin den Grossteil der unbezahlten Care-Arbeit leisten, in vielen gesellschaftlichen Bereichen nach wie vor keine tatsächliche Gleichstellung erreicht ist und Lohndiskriminierung eine Realität ist, bleibt eine Dienstpflicht für Frauen inakzeptabel.»
Auch die Initiative für eine Zukunft hat Travail.Suisse zur Ablehnung empfohlen. Der Dachverband teilt zwar die Sorge über das Klima und die stark zunehmende Vermögensungleichheit in der Schweiz und befürwortet grundsätzlich eine nationale Erbschaftssteuer, um leistungslose Einkommen statt Arbeit stärker zu belasten. Ebenso steht Travail.Suisse höheren Investitionen in den Klimaschutz positiv gegenüber. Adrian Wüthrich, Präsident von Travail.Suisse betont jedoch: «Die Ausgestaltung der heute abgelehnten Initiative war aus Sicht von Travail.Suisse zu radikal und kontraproduktiv.» Aufgrund der zu erwartenden Abwanderung von vermögenden Steuerpflichtigen und Unternehmensinhaber:innen wäre ein Rückgang der Steuereinnahmen und eine Gefährdung von Arbeitsplätzen zu befürchten gewesen. «Die Einführung einer moderaten, nationalen Erbschaftssteuer ist für Travail.Suisse mit dem heutigen Nein jedoch nicht vom Tisch», stellt Adrian Wüthrich klar.