Fast 2 Millionen Teilzeitarbeitende: jetzt braucht es gesetzliche Anpassungen

In der Schweiz arbeiten fast 2 Millionen Arbeitnehmende oder 40 Prozent aller Erwerbstätigen in Teilzeit. Das geht aus einer heute veröffentlichten Publikation des Bundesamts für Statistik hervor. Teilzeitarbeit hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Sie ermöglicht es Arbeitnehmenden, Erwerbsarbeit und familiäre Betreuungsaufgaben oder eine Ausbildung zu vereinbaren. Gleichzeitig zeigen sich auch problematische Seiten der Teilzeitarbeit, beispielsweise überzogene Forderungen der Arbeitgebenden bezüglich der zeitlichen Flexibilität der Arbeitnehmenden. Für Travail.Suisse ist klar, dass Teilzeitarbeit einem wichtigen Bedürfnis der Arbeitnehmenden entspricht. Gleichzeitig ist es notwendig, die Bedingungen für Teilzeitarbeit zu modernisieren und zu verbessern.
In der Schweiz arbeiten fast 2 Millionen Arbeitnehmende in einem Teilzeitpensum. Dies entspricht knapp 40 Prozent aller Arbeitnehmenden, wie eine heute veröffentlichte Publikation des Bundesamts für Statistik zeigt. Teilzeitarbeit hat in den letzten Jahren stark zugenommen. So ist der Anteil der Teilzeitarbeitenden seit 1991 um 13 Prozentpunkte gestiegen. Gleichzeitig hat sich ihr Gesicht verändert. Während immer weniger Frauen in kleinen Teilzeitpensen arbeiten, sind höhere Teilzeitpensen zunehmend bei beiden Geschlechtern verbreitet. Weiterhin ist Teilzeitarbeit aber vor allem bei Frauen stark verbreitet. Im Jahr 2024 waren 72 Prozent der Teilzeiterwerbstätigen Frauen.
Auch zwischen den verschiedenen Altersklassen zeigen sich deutliche Unterschiede. Jüngere Arbeitnehmende arbeiten häufiger in tiefen Teilzeitpensen, um sich beispielsweise ein Studium zu finanzieren. Arbeitnehmende im mittleren Alter sind hingegen häufiger in höheren Teilzeitpensen erwerbstätig, insbesondere um Beruf und Familie vereinbaren zu können. Bei den über 65-Jährigen dominieren wiederum tiefere Erwerbspensen, in denen sie auch nach dem Rentenalter weiterarbeiten.
Massnahmen zur Modernisierung des «Schweizer Teilzeitmodells»
Im Juni haben Travail.Suisse und seine Verbände rund zwanzig Massnahmen zur Anpassung des «Schweizer Modells» der Teilzeitarbeit vorgeschlagen. Das Teilzeit-Modell prägt den Schweizer Arbeitsmarkt, da es den Bedürfnissen entspricht. «Teilzeitarbeit ist eine Voraussetzung für die Vereinbarkeit, insbesondere von Beruf und Familie, und hat nichts mit Faulheit zu tun, sondern ist», so Thomas Bauer Leiter Wirtschaftspolitik bei Travail.Suisse. Valérie Borioli Sandoz, Leiterin Vereinbarkeits- und Gleichstellungspolitik bei Travail.Suisse, erklärt: «Teilzeitarbeitende leiden häufig unter den negativen Effekten der Teilzeitarbeit, etwa bei der beruflichen Vorsorge. Das geltende Gesetz trägt der Realität von Teilzeitarbeit nicht ausreichend Rechnung. Es ist dringend nötig, Teilzeitarbeit als Normalität anzuerkennen und die Arbeitnehmenden besser zu schützen», so Valérie Borioli Sandoz.
Zu viele Arbeitnehmende, vor allem Frauen mit Kindern, sehen sich gezwungen, ihre Arbeitsstelle aufzugeben, weil ihnen ihr Arbeitgeber eine Reduktion des Pensums verweigert oder weil sich die Anforderungen an die zeitliche Verfügbarkeit und die Planbarkeit nicht mit ihren Betreuungsaufgaben vereinbaren lassen. «Wer Kinder betreut, für einen kranken oder behinderten Partner sorgt oder regelmässig Angehörige pflegt, sollte das Recht haben, sein Arbeitspensum für eine gewisse Zeit zu reduzieren und die Arbeitstage frühzeitig planen zu können», so Valérie Borioli Sandoz.
Travail.Suisse beobachtet zudem mit Sorge, dass Teilzeitarbeit von Arbeitgebenden zunehmend missbräuchlich zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten eingesetzt wird. Dies ist mit den heutigen gesetzlichen Bestimmungen problemlos und legal möglich. «Das Arbeitsgesetz wurde nie an die neue Realität angepasst. Dadurch gelten etwa auch für Arbeitnehmende in Teilzeitpensen Höchstarbeitszeiten von 45 oder 50 Stunden. Dies führt dazu, dass Arbeitgebende Teilzeitarbeit als extrem flexible Arbeitsform missbrauchen können, da sich damit Arbeitsspitzen einfach und kostengünstig auf Kosten der Arbeitnehmenden abdecken lassen», so Thomas Bauer.
Positionspapier von Travail.Suisse, «Teilzeitarbeit – das «Schweizer Modell» muss modernisiert werden», Juni 2025. Kurzfassung und Originalfassung.