Der Bundesrat plant, die Mittel für die Förderung der Grundkompetenzen von Erwachsenen im Rahmen des Entlastungspakets 27 zu streichen. Angesichts der besorgniserregenden Zahl von rund 844'000 Erwachsenen, die gemäss einem soeben veröffentlichen Bericht des Bundesamts für Statistik über nur geringe Grundkompetenzen verfügen, warnt Travail.Suisse vor dieser gefährlichen und inkonsequenten Massnahme.
Der neuste PIAAC-Bericht des Bundesamts für Statistik (BFS), umgangssprachlich auch «Pisa-Studie für Erwachsene» genannt, zeigt, dass 15 Prozent der Erwachsenen in der Schweiz – also rund 844'000 Menschen – nur geringe Kompetenzen in den Bereichen Lesen, Rechnen und Problemlösen haben. Von diesen verfügt knapp die Hälfte über keinen nachobligatorischen Bildungsabschluss. Des Weiteren absolvieren diese Personen deutlich seltener eine Weiterbildung: ihre Teilnahmequote liegt viermal tiefer als der nationale Durchschnitt. Menschen mit geringen Grundkompetenzen sind auch deutlich häufiger von prekären Lebensumständen betroffen: 81 Prozent der Betroffenen haben ein tiefes Einkommen, 26 Prozent beziehen Sozialleistungen (gegenüber 14 Prozent in der Gesamtbevölkerung) und 56 Prozent üben körperlich anstrengende Jobs aus. Auch ihr Wohlbefinden ist deutlich tiefen: Nur 75 Prozent der Betroffenen geben an, mit ihrem Leben zufrieden zu sein, in der Gesamtbevölkerung sind es 86 Prozent. Auch die Bewertung des Gesundheitszustandes fällt tiefer aus.
Diese Zahlen machen deutlich, dass geringe Grundkompetenzen nicht nur ein Bildungsproblem sind, sondern auch massive soziale und wirtschaftliche Auswirkungen haben. «Die PIAAC-Zahlen sind nicht nur eine Statistik: Sie zeigen die Realität von Hunderttausenden von Arbeitnehmenden, die sich weiterentwickeln wollen, aber keinen Zugang zu geeigneten Weiterbildungsangeboten haben», betont Jackie Vorpe, Leiterin Bildungspolitik bei Travail.Suisse. «Die Streichung der Bundesgelder für die Förderung der Grundkompetenzen bedeutet, den Betroffenen die Tür zu einer besseren Zukunft zu verschliessen und hätte hohe gesellschaftliche Folgekosten.»
Das Entlastungspaket 27 sieht Kürzungen von über 460 Millionen Franken pro Jahr im Bereich Bildung, Forschung und Innovation vor. Insbesondere will der Bundesrat die 15 Millionen Franken für die Förderung der Grundkompetenzen von Erwachsenen und die 4 Millionen Franken für Weiterbildungsorganisationen streichen. Diese Kürzungen würden die lokalen Angebote und Programme für Erwachsene direkt treffen, da die Kantone den Wegfall der Bundesfinanzierung nicht kompensieren können. Diese Streichungen stehen in völligem Widerspruch zu den Resultaten der PIAAC-Studie. Diese zeigen, dass Investitionen in die Grundkompetenzen die Beschäftigungsfähigkeit, die Gesundheit, die Teilhabe und den sozialen Zusammenhalt stärken. Umgekehrt besteht die Gefahr, dass Kürzungen bei den Mitteln für die Weiterbildung Ungleichheiten verschärfen, die Produktivität schwächen und die Abhängigkeit von der Sozialhilfe erhöhen.
Travail.Suisse fordert das Parlament auf, auf die im Entlastungspaket 27 vorgesehenen Kürzungen zu verzichten und die Mittel für die Förderung der Grundkompetenzen beizubehalten. Es handelt sich dabei um eine essenzielle Investition in den Wohlstand und den Zusammenhalt des Landes. Grundkompetenzen sind von grundlegender Bedeutung für die Beschäftigungsfähigkeit, den beruflichen Aufstieg und das Wohlbefinden der Schweizer Arbeitnehmenden. Ihre Stärkung muss deshalb eine politische und budgetäre Priorität bleiben.